ZfdA 136 (2007), S. 140f.

Mittelalter-Philologie im Internet

27. Beitrag: Die Digitalisierung der mittelalterlichen Handschriftenfragmente der Studienbibliothek Dillingen

von Elisabeth Wunderle und Wolfgang-Valentin Ikas

Die mittelalterlichen deutschsprachigen und lateinischen Hss. der Studienbibliothek Dillingen, einschließlich der Fragmente, wurden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projektes katalogisiert.(1) Dazu waren diese an das Handschriftenzentrum der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) nach München gebracht worden, was auch dazu genutzt wurde, die Handschriftenfragmente am dortigen Digitalisierungszentrum in Eigenleistung erfassen zu lassen.

Es handelt sich dabei um 28 Fragmente aus Pergamenthandschriften des 8. bis 16. Jh.s, die im 20. Jh. aus ihren Trägerbänden ausgelöst und gesondert aufgestellt worden waren und zum Teil schon wissenschaftlich erschlossen worden sind.(2) Die kleine Sammlung enthält beachtliches Material: 13 der Fragmente stammen aus dem 8. und 9. Jh., darunter Bruchstücke aus Werken des hl. Augustinus, aus der Chronik Fredegards und ein bisher unbeachtetes Fragment (XV Fragm. 24a) aus einer medizinischen Hs., geschrieben Ende des 8./Anfang des 9. Jh.s, das einem Komplex schon bekannter medizinischer Fragmente zuzuordnen ist.(3)

Unter den deutschsprachigen Stücken ist das älteste ein Fragment aus der 'Altalemannischen Psalmenübersetzung' (XV Fragm. 3), geschrieben im 2. Drittel des 9. Jh.s,(4) von dem sich ein weiteres Bruchstücke in der BSB München befindet (Cgm 5248/1). Weiterhin enthält die Sammlung ein Fragment aus dem 'Willehalm' Wolframs von Eschenbach (XV Fragm. 23, Mitte 13. Jh.; 'Willehalm'-Fragment Nr. 34(5)) und aus dem 'Tristan' Gottfrieds von Straßburg (XV Fragm. 25, 1. Viertel 14. Jh.; 'Tristan'-Fragment q1), zu dem sich ein weiteres Bruchstück in der Sammlung Gerhard Eis (Hs. 63) findet.(6) Ein Blatt mit Strophen aus dem 'Wartburgkrieg' wurde 1995 als Stück aus der 'Jenaer Liederhandschrift' identifiziert.(7)
Die Dillinger Fragmente einschließlich des 1920 nach München übergebenen Gedichtfragmentes 'Ludwig der Bayer' (XV Fragm. 20, jetzt Cgm 5153 g) können nun online abgerufen werden. Dies ist sowohl über den Online-Katalog der BSB und über den Verbundkatalog Gateway Bayern (durch Eingabe des Signatur-Kürzels "SDL XV Fragm." in das Titelsuchfeld) als auch über eine eigene Projektseite möglich, die in die digitalen Angebote der Studienbibliothek Dillingen(8) und der Bayerischen Landesbibliothek online – BLO(9) eingebunden wurde.
Wird der Weg über die Projektseite gewählt, so kann der Gesamtbestand in Form einer alphabetischen und chronologischen Liste angezeigt werden, eine Übersicht nach Signaturen wird es bald ebenfalls geben. Alle drei beschriebenen Zugangswege führen den Benutzer stets zum Digitalisat, welches er seitenweise durchblättern sowie in anderthalbfacher Auflösung betrachten kann. Wie im digitalen Angebot der BSB üblich, hat hier der Betrachter die Möglichkeit, das mit nur 72 bzw. 108 dpi angezeigte Digitalisat (das es je nach gescannter Vorlage in bitonaler Qualität, Graustufen oder in Farbe gibt) in höherer Auflösung bei der Bibliothek zu bestellen sowie zu den im BSB-OPAC vorhandenen Kurzbeschreibungen zurückzuverlinken. Diese basieren auf dem 2006 im Druck erschienenen Katalog, so daß hier wissenschaftliche Erschließung und Digitalisierung Hand in Hand gehen.

Dr. Elisabeth Wunderle und Dr. Wolfgang-Valentin Ikas, Bayerische Staatsbibliothek München, Ludwigstr. 16, D-80539 München
E-Mail: elisabeth.wunderle@bsb-muenchen.de
E-Mail: wolfgang-valentin.ikas@bsb-muenchen.de

Anmerkungen:

  1. E. WUNDERLE, Die mittelalterlichen Handschriften der Studienbibliothek Dillingen, Wiesbaden 2006, S. 423-454.
  2. Zuletzt: B. BISCHOFF, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen). Teil I: Aachen – Lambach. Wiesbaden 1998, S. 218 (Nr. 1009) – S. 220 (Nr. 1020). - Die von Bischoff eingeführte Signaturangabe wurde beibehalten.
  3. Zu den verwandten Fragmenten vgl. BISCHOFF [Anm. 2], S. 219f., Nr. 1017.
  4. BISCHOFF [Anm. 2], S. 218, Nr. 1010.
  5. F. ZOEPFL, Ein neues Handschriften-Bruchstück von Wolframs Willehalm, ZfdA 80 (1944) 175f. - H. SCHANZE, Die Überlieferung von Wolframs Willehalm (Medium aevum 7), München 1966, S. 20, 166). - MR 13/14.
  6. René WETZEL, Die handschriftliche Überlieferung des 'Tristan' Gottfrieds von Straßburg untersucht an ihren Fragmenten (Germanistica Friburgensia 13), Freiburg (Schweiz) 1992, S. 159-176. - MR 13/14.
  7. K. KLEIN und H. LOMNITZER, Ein wiederaufgefundenes Blatt aus dem 'Wartburgkrieg'-Teil der Jenaer Liederhandschrift, PBB 117 (1995) 381-403.
  8. http://www.bndlg.de/~studbib
  9. http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/handschriften
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