ZfdA 130 (2001), S. 376

Mittelalter-Philologie im Internet

5. Beitrag: Verzeichnis der Exemplare des gedruckten Straßburger Heldenbuchs (1479-1590)

von Walter Kofler

Gleich vorweg: Es wird nie wirklich gelingen, alle erhaltenen Exemplare der sechs Druckausgaben des Straßburger Heldenbuchs zu erfassen. Aber man kann versuchen, den höchstmöglichen Grad an Vollständigkeit zu erreichen. Lange war die Recherche nach Druckexemplaren - wie sie u.a. FRIEDRICH HEINRICH VON DER HAGEN (1808ff.), KARL SCHORBACH (1904), JOACHIM HEINZLE (1972ff.) und ANNE-BEATE RIECKE (1992) unternommen hatten - völlig von Informationen in der einschlägigen Literatur und dem Erfolg beim Anschreiben oder Besuch diverser Bibliotheken abhängig.

Durch die verstärkte Online-Präsenz vieler Bibliotheken wurde die Recherche ab der zweiten Hälfte der 90er-Jahre wesentlich erleichtert. Auch ich suchte im Vorfeld meiner Edition der (verbrannten) Handschrift des Straßburger Heldenbuchs (1999) nach Druckexemplaren. Seit April 2001 steht nun eine Liste aller derzeit bekannten Exemplare im Internet zur Verfügung. Man kann die Seiten über meine Homepage
(http://www.geocities.com/walter.kofler/)

oder über das Stichwort 'Heldenbücher' im Handschriftencensus der Marburger Repertorien
(http://www.handschriftencensus.de)

anwählen. Ich möchte diese Seiten als aktives Forum für einen Austausch von Informationen nutzen. Denn es gibt sicher noch weitere Exemplare, von denen Kollegen wissen könnten.

Die aktuelle Liste zeigt deutlich die heute internationale Verbreitung der Druckexemplare. War 1978 - als HEINZLE zum ersten Mal seine Ergebnisse vorlegte - lediglich ein Exemplar in den USA bekannt (Frankfurter Ausgabe von 1590 in der Library of Congress in Washington), so sind es mittlerweile 16 Bücher (von drei Ausgaben) und neun Einzelblätter (von der Erstausgabe 1479), die in US-amerikanischen Bibliotheken nachgewiesen werden konnten. Leider ist der private Buchmarkt schwer überschaubar. Und so ist es meist Zufall, wenn 'verschollene' Exemplare wiedergefunden werden. 1972 galt etwa das Exemplar der Fürsten von Salm-Reifferscheidt (Erstausgabe 1479) als verschollen. 1991 tauchte es bei Christie's (London) und 1993 im Antiquariat H.P. Kraus (New York) auf. Seit 1994 befindet sich das Buch im Besitz eines europäischen Sammlers. Ähnlich bewegt ist das Schicksal eines Exemplars der Erstausgabe, das Clemens Brentano besessen hatte. 1819 ersteigerte VON DER HAGEN das Buch, das nach seinem Tod (1856) von der Bildfläche verschwand. Erst vor wenigen Jahren erkannte Roland Folter (H.P. Kraus), daß sich dieses Exemplar nun in der Bibliothèque Nationale in Paris befindet.

Das Straßburger Heldenbuch gehörte mit sechs Druckausgaben sicher zu den Bestsellern unter den deutschsprachigen Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts. Wie hoch die Auflagen der einzelnen Ausgaben waren, läßt sich schwer abschätzen. Aber immerhin verraten die erhaltenen Exemplare einige Trends. So ist es zunächst nicht verwunderlich, daß die meisten Exemplare den späten Frankfurter Ausgaben (1560 und 1590) zugehören. Auffällig ist jedoch die geringe Anzahl an bekannten Exemplaren der beiden Augsburger Ausgaben (1491 und 1545). Dagegen blieben von den frühen elsässischen Ausgaben (1479 und 1509) vergleichsweise viele Exemplare und Einzelblätter erhalten.

Anregungen und Informationen bitte an:

Dr. Walter Kofler, Peintal 2, A-4655 Vorchdorf

E-Mail: walter.kofler@400.ams.or.at
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