ZfdA 143 (2014), S. 549f.

Mittelalter-Philologie im Internet

41. Beitrag: Das Projekt "Nibelungen-Rezeption"

von Gunter E. Grimm

Die Internetseite www.nibelungenrezeption.de war zunächst das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen einem Projekt zur Rezeption des Nibelungenstoffes (Prof. Dr. Gunter E. Grimm, Uwe Werlein M.A., Universität Duisburg-Essen, Fachbereich 1, Germanistik) und verschiedenen anderen Studiengängen und wird heute ausschließlich von beiden Herausgebern betrieben. Niveauvolle Gast­beiträge sind stets willkommen.

Das Projekt widmet sich der Rezeption des Nibelungenstoffes in der deutschen Kulturgeschichte. Das Spektrum ist aufgefächert in die Abteilungen: Literatur – Bildende Kunst – Musik – Filmwelt – Wissenschaft – Geschichte – Populäre Kultur. Die Abteilung Literatur ist bereits am weitesten gediehen. Im Rahmen des Projektes werden wichtige Textzeugnisse aus dem Umkreis der Nibelungen-Rezeption gesammelt und im Internet zugänglich gemacht, d.h. die bedeutendsten primären Textzeugnisse (Gedichte und Balladen, Dramen, Epen, Verserzählungen, Novellen) und eine Auswahl sekundärer Textzeugnisse (Essays, Abhandlungen u.a.). Eine Auswahl der Nibelungengedichte erschien 2011 im Marburger Tectum-Verlag.(1) Ebenfalls soll das einschlägige Bildmaterial aufbereitet werden. Eine Biblio­graphie zur Rezeption des Nibelungenstoffes mit Stand 2008 steht im Netz. Einschlägige Links ergänzen das Angebot. Das Spektrum der Dateien reicht vom einführenden Angebot für Jugendliche bis hin zur wissenschaftlichen Bearbeitung germanistischer und rezeptionsgeschichtlicher Spezialfragen.

Markante Stationen der literarischen Adaption sind die spätmittelalterlichen Populärversionen (Volksbuch, Hans Sachs), die Wiederentdeckung des Mittelalters im 18. Jh., die literarische Umformung in der Romantik, die dramatischen Aneignungen von Friedrich de la Motte Fouqué, Ernst Raupach, Friedrich Hebbel, Emanuel Geibel und Paul Ernst. Internationale Bedeutung kommt Richard Wagners Tetralogie 'Der Ring des Nibelungen' zu. Für die nationale Identitätsfindung spielt die Rezeption des Nibelungenstoffes in der Bildenden Kunst eine bemerkenswerte Rolle: Zahlreiche Künstler haben nibelungische Themen aufgegriffen; sogar die Werbung hat sich seit 1900 nibelungischer Motive bedient. Im 20. Jh. hat sich auch der Film dieses Gegenstandes angenommen (Fritz Lang, Harald Reinl, Uli Edel u.a.).

Ein weiteres Arbeitsgebiet stellt der ideologische Einsatz des Nibelungenthemas in der Politik dar – von den Kämpfen um die nationalstaatliche Einheit über die Gegnerschaft zu Frankreich bis zu den beiden Weltkriegen. Hier erst wird das Nibelungenthema in einer oft unangemessenen Weise emotional aufgeladen ("Nationalepos"), was sich noch im letzten obskuren Pseudo-Fund des Klosters Zwettl zeigt.

Der Orientierung dient eine S y n o p s e "Die Rezeption des Nibelungen­stoffes in Literatur, Kunst, Musik und Wissenschaft", die im Januar 2006 zunächst als Liste mit literarischen Rezeptionszeugnissen des Nibelungenstoffes ins Internet gestellt wurde. Diese Liste wurde im Lauf der Jahre systematisch zu einer Synopse erweitert, die mittlerweile vier Rubriken umfasst:

1. Geschichtliche Daten,
2. Historische Quellen, Dichtungen, Nacherzählungen,
3. Bildende Kunst, Comics, Musik, Film,
4. Ausgaben, Übersetzungen, Wissenschaft (in Auswahl)

Frühere Versionen dieser Synopse finden sich etwa bei wikipedia (s.v. Nibelungenlied) oder im Goethezeitportal (Projektepool "Nibelungenrezeption der Goethezeit": http://www.goethezeitportal.de/wissen/projektepool/rezeption-­nibelungen.html). Seit April 2012 wurde die tabellarische Darstellung um Bildmaterial ergänzt, das dem Zweck der Veranschaulichung dient, aber natürlich auch die Leselust erhöhen soll. Mittlerweile ist die Synopse aktualisiert (November 2013):

http://www.nibelungenrezeption.de/literatur/quellen/Synopse.pdf

und (Februar 2013):

http://www.goethezeitportal.de/fileadmin/PDF/wissen/projekte-pool/rezeption_nibelungen/Synopse_Literatur_-_Kunst_-_Wissenschaft.pdf

Soweit es möglich ist, werden Anregungen von Fachkollegen und von interes­sierten Nibelungenfreunden aufgenommen. Der Vorteil des Internets ist die ständige Erneuerbarkeit der Datei. Diese erfolgt in etwa halbjährigem Abstand und enthält Ergänzungen, Korrekturen und Neuaufnahmen.

Auch in Zukunft sind die Betreiber immer für weitere Tipps und Verbesserungsvorschläge dankbar.

Prof. Dr. Gunter E. Grimm, Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften / Germanistik, Universitätsstr. 12, D–45117 Essen
E-Mail: gunter.grimm@uni-due.de

Anmerkungen:

  1. Gunter E. Grimm, Nibelungen-Gedichte. Ein Lesebuch, Marburg 2011.
010499